Sonntag, 8. April 2007

Seit wann gibt's eigentlich Muskelmaedels?

Nein, nein -- nicht, dass ihr denkt, es geht jetzt um diese Seite hier (die gibt es seit 2006). Es geht natürlich um die echten Muskelmaedels, diejenigen aus Fleisch und Blut.

Wie lange also? Nun, kurzfristig gesehen, reicht der Trend retour bis zum Ende der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts. Da machten auf einmal Bodybuilding-Wettbewerbe von Frauen mit muskulösen Körpern von sich reden; irgendwann gab es denn auch mal im Wochenmagazin "Stern" einen Bericht dazu.

Geschäftstüchtige Männer wie Ben Weider erkannten den Trend und machten ihn über ihre Magazine, mit eigenen Wettbewerben und auch jeder Menge lancierter Publicity (positiver wie negativer) bekannt. Doch die eigentlichen Fans lasen vor allem die Szene-Zeitschriften wie Steve Wennerstorms "Female Physique World", wo sich echte Enthusiasten um die neue Welt der FBB bemühten.

Und Patsy Chapman, Lynn Conkwright, Kris Alexander, "Pillow", Deborah Diana, Georgia Miller-Fudge, Gladys Portugues (Ehefrau von Jean-Claude van Damme) hießen einige der Pionierinnen, an die sich heute nur noch so alte Knacker wie ich mich erinnern. Einige davon wurden kurz ziemlich bekannt, die erste davon war fraglos Lisa Lyon. Die wurde in der Schickeria und Intelligenzia herumgereicht, schrieb ein Buch, spielte in einigen Filmen Nebenrollen, war mit dem französischen Sänger Bernard Lavilliers liiert -- und verschwand Mitte der 1980er wieder in der Versenkung. (Leider, denn das war eine echt scharfe Dame!)

Der erste richtige Star der FBB-Szene war fraglos Rachel McLish. Die schwarzhaarige Texanerin mit dem prächtigen Indianerinnen-Gesicht, dem tollen Lachen und dem schlanken, mäßig-muskulösen, aber sehr anziehenden Körper ebnete allen anderen Bodybuilderinnen nolens-volens den Weg. Denn sie verband das weithin geforderte Ideal von Muckis und Feminität und machte es somit statthaft, daß Frauen ihre Muskulatur zusehends austrainierten.
Anderen war das mit gesellschaftlich-opportunen Standards hingegen komplett schnurz. Kay Baxter, Bev Francis, Tommie Moreau oder Laura Combes (nur einige von vielen) wollten nur eins: Muskeln und die möglichst groß, hart und symmetrisch.

Aber: Waren das die ersten?

Antwort: Nein.

Frauen mit Muskeln gab es zu allten Zeiten. Aber es gab KEINE Bodybuilderinnen im modernen Sinn, weil dazu die ernährungsmäßigen Gegebenheiten fehlten. Das ist übrigens bei den Männern NICHT anders. Ein Bodybuilding-Pionier wie "Der Große Sandow" (in Wirklichkeit kaum größer als Kylie Minogue) war zwar extrem symmetrisch, muskulös und recht gut definiert, würde aber heute in einem Fitness-Studio nicht sonderlich auffallen. Kein Wunder: Das heute übliche Maß an Masse gekoppelt mit Definition hatte er einfach nicht.

Körperlich starke Frauen gab es also, nur waren sie meist nicht definiert, sondern eher prall und wuchtig. Zu dieser Kategorie gehören auch die sogenannten "strong women" wie Athleta, Katie Sandwina, Vulcana, die Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts im Zirkus und im Varieté (das hieß damals "Vaudeville") auftauchten. Als Gewichtheberinnen ebenso wie als Akrobatin oder schlicht als starke Frau. Deren Nummer oder Akt bestand unter anderem darin, die anwesenden Herren der Schöpfung mit der schieren Kraft etwa ihrer 40-Zentimeter-Und-Mehr-Arme zu düpieren.

Waren das also die ersten?

Nö. Immer noch nicht. Kraftvolle Frauen lassen sich nämlich in allen Zeiten nachweisen -- doch entsprechend trainierte vor allem in der Antike. Konzentrieren wir uns auf den Sport und lassen Göttinnen und Kriegerinnen (Stichworte: Penthesilea und andere Amazonen, siehe Bild der Statue weiter unten) mal außen vor.

Historiker wissen, daß es wohl schon zu Zeiten des minoischen Kreta so etwas wie Stierkämpferinnen mit muskelbepackten Schenkeln gab.

Auch weist die Fachwelt darauf hin, dass auch im alten Sparta die Mädels wacker Körperertüchtigung trieben. Sparta war das griechische Land, aus dem die derzeit im Kino aktuellen "300" realiter kamen -- Leonidas und den Kampf an den Thermopylen gab es nämlich schon vor dem Comic-Zeichner Frank Miller.

Doch zurück zum Sport für die Frauen Spartas: Das betraf Diskus- und Speerwerfen, Laufen und -- man(n) glaubt es kaum -- Ringen. Darin lag (neben der berüchtigten "Schwarzen Suppe") einer von vielen Gründen, warum Spartas Nachbarn recht befremdet auf das kleine Land schauten; die antiken Muskelmaedels aus Sparta jedenfalls erhielten wegen ihrer beim Training üblichen Minimalbekleidung (falls überhaupt) den Namen "Schenkelzeigerinnen". (Wobei die Mannsbilder dabei auch nicht mehr trugen.)

Weiter hielt sich das mit den weiblichen Leibesübungen auch im alten Rom. Unter anderem im Circus -- als Gladiatorinnen (das aber selten) und bei den wohlgestellten Patrizierinnen. Sie alle trainierten. Auch mit Hanteln, zum gezielten Muskelaufbau.

Es gibt nämlich ein aus dieser Zeit überliefertes Mosaik, das zwei Römerinnen in bikiniartigem Outfit zeigt, wie sie mit kleinen Hanteln üben. Und der Dichter Juvenal hinterließ die Passage: "Es ist nachts, wenn sie sich zu den Thermen begibt, nachts, wenn sie befiehlt, ihre Ölfläschchen und andere Dinge dorthin zu transportieren. Ihr sagt es zu, in dieser lauten Umgebung zu schwitzen. Sinken dann ihre Arme, ermüdet von den schweren Gewichten, zur Seite herab, drückt der geübte Masseur seine Finger in ihren Leib und läßt mit vernehmlichem Klatschen ihr Hinterteil erschallen."

Paradiesisch, oder?

Fragt sich nur, warum das alles sich nicht hielt. Die Antwort (mit extrem vereinfachter und verkürzter Darstellung komplexer historischer Zusammenhänge): In der Antike fand über lange Jahrhunderte hinweg eine allmähliche Änderung der Frauenrolle statt; die Damen wurden mehr ans Haus gebannt, es kam immer mehr zu einer Trennung von "weiblich" und "männlich", wie wir sie bis heute kennen.
Exkurs: Wobei das, was Erzieher der Aufklärung, Prediger des Bürgertums und andere theoretisierende Tintenkleckser in dem Zusammenhang von sich gaben (und geben), zum Teil hanebüchener Unsinn ist: Mag sein, dass eine verzärtelte, bis zum Geht-Nicht-Mehr geschnürte Bürgerfrau des 18. und 19. Jahrhunderts andauernd in Ohnmacht fiel und dank entsprechender Erziehung tatsächlich nicht viel mehr konnte außer Haushaltführen und Heiraten -- auf eine Bäuerin etwa trifft das nicht zu. Wenn da den Mann krank war, mußte eben die Frau ran und das Vieh versorgen, pflügen oder eben das Heu gabeln (was übrigens den Oberkörper spektakulär trainiert). Es ist also eine Frage der jeweiligen Umgebung, die Frauen (wie auch Männer) geprägt hat. Das ist auch heute so -- nur sollte man das dank der guten Informationslage erkennen können.

Egal wie: Als mit Rom das letzte aus dem Mittelmeerraum stammende Großreich zusammenbrach, da war mit Sport und antrainierten Muckis für Frauen erst mal Schicht.

Und Schicht, das mach ich auch jetzt.

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