Montag, 15. Juni 2015

Was gefällt einer Bodybuilderin daran, eine Bodybuilderin zu sein, was treibt sie an?


Horror vacui oder die Angst vor dem weißen Blatt Papier - oder weniger vornehm: "Verflixt, mir fällt nichts ein!" Manchmal hilft es aber schon, das mal einfach hinzuschreiben und festzustellen, ob nicht wenigstens doch noch etwas den - um mit Agatha Christie's HerculePoirot zu reden - kleinen grauen Zellen zu entlocken ist. Und siehe da, mit der Hilfe von etwas Surfen im Web fand sich zumindest eine Frage:

Warum ist eine Bodybuilderin eine Bodybuilderin? Was gefällt ihr daran so besonders? Was treibt sie an?


Eine gewisse Berechtigung hat die Frage ja schon. Man überlege einmal: Mehrfach in der Woche unterzieht man sich kräftezehrendem, schweißtreibendem und anstrengendem Training, mitunter auch verbunden mit Verletzungen von leicht bis schwer. Bodybuilderinnen tun dies nun nicht nur in dem Alter, in dem man Sportlichkeit schon fast erwartet, also in der Jugend. Nein, viele von ihnen sind über diese Zeit hinaus - und damit in einem Alter, in dem die gleichaltrigen Freunde und Bekannten ihren Freizeit-Schwerpunkt doch eher aufs Bequeme, Entspannende, Gemütliche setzen. Jetzt im Fast-Sommer etwa besteht die bevorzugte Outdoor-Aktivität der meisten Leute ja nicht aus Joggen, Radfahren oder Ähnlichem, sondern aus Grillen. 


Ernährung ist nun das zweite Kapitel. Aus meinen Kontakten zu Leistungssportlern weiß ich aber, dass es da nirgends so asketisch zugeht, wie bei Bodybuildern in der Wettkampfvorbereitung und nirgends so diszipliniert-verfressen wie in der Masseaufbau-Zeit. Auch das etwas, das fürs Sozialleben nicht gerade zuträglich ist.

Dann ist da immer noch das Grundproblem von Bodybuilderinnen. Nämlich das der gesellschaftlichen Akzeptanz. Sicher, vieles ist besser geworden. Aber noch weit mehr als männliche Leistungs-BB haben es Athletinnen mit einem aus Normalo-Sicht extrem ausgebildeten Body immer noch schwer, zumal ja auch auch noch derzeit die Verbände wieder einmal versuchen, die ganz muskulöse Athletinnen-Art auszurotten (ich schreibe das jetzt malso unverblümt hin). Und für viele Männer ist - zumindest dem üblicherweise Gesagten zufolge - eine Leistungs-Bodybuilderin mit super Muskeln alles andere als sexuell anziehend.

Also, warum?

Eine Frage, die ich immer wieder den diversen Muskelmaedels gestellt habe. Und die Antworten darauf, die kamen überraschenderweise kaum spontan, sondern wirkten verdruckst. Das Wort "überraschenderweise" verwende ich deshalb, weil man doch bei derart intensiv ausgeübtem Sport und derart diszipliniertem Lebenswandel eine entsprechende Selbstsicherheit bezüglich des eigenen Tuns erwarten dürfte. Aber nicht jede Befragte wirkte da so souverän.

 

Was sie alle offen und klar beschrieben, war, wie sie zum BB und damit dem Muskelaufbau gekommen sind und was sie daran begeistert hat.Üblicherweise waren das Bilder in Zeitschriften, vielleicht auch mal ein Film, in dem Bodybuilderinnen zu sehen waren, häufig genannt sind da Rachel McLish, Cory Everson und Lenda Murray. Gefolgt von dem Gedanken: "Das will ich auch!" Und dann ging es eben in ein Fitnessstudio, um dann dieser Sache treu zu bleiben. Eine Variation davon sieht so aus, dass die jeweilige Lady ins Gym ging, um etwas für ihren Körper zu tun. Hier nach längerer Zeit der Inaktivität. Da, um sich durch gezieltes Muskeltraining in einer anderen Sportart zu verbessern. Und manchmal auch nach einem Unfall zwecks Reha. Allen gemeinsam ist dann, dass gleichsam der Appetit mit dem Essen kam.

Aber das beantwortet noch immer nicht die Frage, was nun genau an dem Allen GEFÄLLT und zum Weitermachen animiert? Nur der sportliche Ehrgeiz?

Ich habe mir da mehrere Thesen zusammengelegt. Und einige der da beschriebenen Gründe haben meiner Ansicht nach ihren Sitz im Unterbewusstsein. Und alle sind menschlich.

        1) Bodybuilding hat einen gewissen Suchtfaktor. Wer nicht drin war, kennt das nicht. Man macht auch wegen genau diesem Gefühl weiter. In  meiner aktiven Zeit hatte ich immer den Eindruck, das Rollen des Blutes zu spüren.

        2) Das Selbstbild hat eine Macke. Vielleicht war man vorher zu dick, zu dünn, zu schwach, hatte vielleicht auch Ess-Störungen oder gar Magersucht. Und jetzt hilft das BB vor allem den Frauen, diese unerwünschten Dinge zu kontrollieren - so lange man weitermacht. Damit wäre die Angst auch ein Triebfaktor. So, wie bei allen, die gegen die Zeit, das Alter und den Verfall ankämpfen.

        3) Narzissmus: Auch Frauen dürften empfänglich für das Gefühl der sich steigernden Kraft und der wachsenden Muskeln sein und es schlichtweg mit einer gewissen Selbstverliebtheit genießen. Also durchaus aus einem sexuellen Antrieb heraus. Lisa Lyon (liebe Kinder: das war eine FBB von gaaaaaanz früher) sagte einmal, dass sich das Gefühl des frisch trainierten Körpers anfühle "wie eine Erektion des ganzen Körpers". In dieselbe Richtung marschiert die Britin Lisa Cross: "Ich bin immer dann am meisten erregt, wenn meine Muskeln am größten sind. Denn nichts macht mich so sehr an wie zu sehen, dass sich meine Muskeln unter schwerer Ladung wölben. Was sie sich so aufpumpen lässt, bis sie aussehen, als würden sie in jedem Moment explodieren."

        4) Der Reiz, stärker und muskulöser zu sein als mancher Mann. Ich könnte mir vorstellen, dass die ein oder andere das mit einer gewissen Wollust genießt. Und dann ist da auch dieser Aspekt: Dass manches Muskelmaedel mal früher Missbrauch erlebt hat und sich deshalb stählt, um die damit verbundene Seelenqual zu lindern - "ich bin jetzt stark, das passiert mir nicht mehr!"


         5) Aus dem vorherigen Punkt abgeleitet, aber nicht damit identisch. Es geht bei Punkt 5 um einen feministischen Ansatz - "Wer sagt, dass eine Frau das nicht kann? Ich werde es beweisen!"
 
        6) Der Wunsch, gegen gegen gesellschaftliche Konventionen zu verstoßen und anders als die meisten Leute sein zu wollen. Ja, warum denn nicht? Dieses Recht haben doch nicht nur Künstler und gesellschaftliche Außenseiter wie etwa ehedem die Punks, das gibt es doch auch im Sport! Namentlich einem, der auf eine unübersehbare Änderung der Physis ausgelegt ist.
 
        7) Der Wunsch nach Anerkennung. Das mag nun dem oben Geschilderten bezüglich gesellschaftlicher Akzeptanz widersprechen, tut es aber nicht. Natürlich erhalten ja auch die Muskelmaedels ihre Anerkunng. Sportlich zum einen, zum anderen von den Fans. Und das schilderte Brigita Brezovac - aus der Erinnerung heraus wiedergegeben - einmal so: "Was mir selber am besten daran gefällt, eine Spitzen-Bodybuilderin zu sein? Nun, ich sag's ganz offen. Am meisten Spaß macht mir die Aufmerksamkeit, die ich bekomme."

        8) Die Muskelmaedels tun exakt das, was ihnen gefällt. Sie haben vielleicht verschiedene Sachen ausprobiert und nun mit dieser Art der Betätigung das gefunden, was ihrem Naturell, ihren Wünschen und ihrer Vorstellung entspricht. Und das, ohne dass einer der sechs vorher genannten Punkte da mit hineinspielt. Wobei ich mir das freilich nicht vorstellen kann - zumindest ein bisschen von dem ein oder anderen dürfte schon eine Rolle spielen.

Ist es das? Erklärt es das? Natürlich sind diese Annahmen eben das - Annahmen, Thesen, Theorien. Mancher mag sie als blanken Nonsens empfinden, mancher für zutreffend halten, wenigstens und/oder vielleicht punktuell. Wie auch immer, ich würde mich über Zuschriften und Kommentare hier an muskelmaedels.blogspot freuen, die das Wissen zu dem Punkt mehren!

 

           

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