Freitag, 31. Oktober 2008

Sir Dr. Benjamin Weider (1923-2008)

So, und da ich sonstwo auf Deutsch noch nichts darüber gelesen habe, noch dies:

Ben Weider ist tot, seit Mitte Oktober.
Ben wer?
Na, der Bruder von Joe Weider.
Joe -- ja und?

Also: Joe und Ben Weider begründeten und prägten das große Geschäft mit dem Bodybuilding in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts, errichteten ein Versand- wie ein Zeitschriftenimperium drumherum und stellten sich mit viel Kawumm und Aplomb gar als Begründer des Bodybuilding dar.

Das aber muß man mit leichten Abstrichen betrachten: Speziell muskelbildende Trainingsmethoden hat es schon zu Zeiten der minoischen Kultur auf Kreta gegeben und lassen sich überhaupt in der ganzen - zumindest mediterranen - Antike bereits nachweisen. Und das Geschäft mit dem Muskelkörper und den passenden Zeitschriften haben die "Gebrothers" Weider auch nicht erfunden, da gab's vorher schon andere geschäftstüchtige Leute wie etwa Bernar McFadden. Nicht zu vergessen Bob Hoffman aus Pennsylvanien, der "Vater des modernen Gewichthebens", der in seiner Heimat das Städtchen York zu "Muscletown" verwandelt hat.

Dennoch läßt sich das moderne Bodybuilding nicht ohne die Weiders denken. Nicht nur, daß sie mit der IFBB den fraglos wichtigsten Bodybuilding-Verband der Welt aus der Taufe gehoben haben — sie haben Arnold in den 1960ern nach Amerika geholt und ihn auf seinem Weg zum Startum befördert und dadurch überhaupt erst das BB auf diese breite Ebene gestellt, auf der es heute steht.

Viele Trainingsforschungen nahmen bei ihnen den Anfang — ohne sie wäre Krafttraining sicher nicht so breit zur Verbesserung der Fitness in anderen Sportarten oder zur medizinischen Rekonvaleszenz genutzt worden.


Ben Weider hat sich zudem auch als Organisator verdient gemacht und gilt als der Mann, der erstmals Frauenbodybuilding-Wettkämpfe auf breiter Ebene veranstaltet hat — das ist auch der Grund, warum ich hier etwas dazu schreibe. Er selber hielt Rachel McLish und Cory Everson für die wichtigsten und einflußreichsten Bodybuilderinnen der letzten 30 Jahre - mit Blick auf die publizistische Wirkung sicher richtig, da ändern auch die acht Miss-Olympia-Titel der sensationellen Lenda Murray nichts daran.

So. An der Wiege gesungen hat den zwei Weiders niemand, dass sie einmal so erfolgreich werden würden. Sie sind als Söhne von aus Osteuropa stammenden Juden in Kanada geboren worden und hatten es wohl als Jungen alles andere als nicht leicht — auch in ihrer Heimat gab es heftig Antisemitismus. Und darin, so liest man, lag denn auch wohl der Grund, warum Joe (und nach ihm Ben, geboren 1923) anfing, sich mit Hanteltraining gezielt zu kräftigen.

Und das führte dazu, dass sie sich geschäftlich damit befassten - Joe als Verleger und Ben als Chef eines Versandhauses. Joe landete schließlich in Kalifornien, Bens Hauptsitz blieb wohl in Kanada. Joe Weider verlegte zwischendurch auch mal sogenannte "Men's Magazines", also Action-betonte Männerzeitschriften (waren Mitte des vergangenen Jahrhunderts groß in Mode), doch sein eigentlicher Boom waren Blätter wie "Muscle & Fitness" und zig andere.

Ben wiederum bildete auch die treibende Kraft hinter dem Versuch, BB olympisch werden zu lassen, was ja bis heute nicht ganz geklappt hat. Aber es gelang ihm das, wie er selber sagte: "The biggest change in bodybuilding since 1980 up to now is the fact that we participate in all of the regional games that are organized by the International Olympic Committee. These are the Pan American Games, Central American Games, South American Games, The World Games, the Mini Olympics, the South East Asia Games, and the Asian Games." (In kurz auf deutsch: Seit 1980 gabs den größten Wandel dadurch, daß die IFBB sich seitdem an allen regionalen Spielen beteiligt, die vom Internationalen Olympischen Komittee ausgerichtet werden, gefolgt von einer Auflistung der einzelnen Veranstaltungen).

Doch wegen all seiner übrigen Verdienste gehörte Ben Weider schließlich beim BB in die Kategorie, zu der Beckenbauer beim Fußball zählt — zu den Lichtgestalten.

Und Ben Weider hatte auch eine Vergangenheit und ein Leben jenseits des BB: Ein — allgemein als freundlich, höflich und bescheiden geschilderter — Familienvater, ein bei einer Spezialeinheit des II. Weltkriegs dienender, hochdekorierter Soldat, ein in Kanada hochgeehrter und geadelter Geschäftsmann, ein Fan von Glenn Miller und Big-Band-Swing und — ganz drollig — ein internationaler Fachmann für Napoleon Bonaparte (genau, der abgesägte Korse, der immer die Hand an der Brieftasche hat). Weider hat sogar eine internationale Napoleon-Forschungsgesellschaft begründet und geleitet; nicht zuletzt deshalb wurde er auch in Frankreich hochgeehrt. Zudem hat er persönliche Dinge von dem Franzosenkaiser gesammelt und die noch vor seinem Tod einem kanadischen Museum vermacht.

Wenn es denn für seine Familie und seine Freunde ein Trost ist: Er hatte ein erfülltes Leben, wie es scheint. Sir Dr. Benjamin Weider starb im — durchaus gesegneten — Alter von 85 Jahren in einem jüdischen Krankenhaus in Quebec, die Familie an der Seite.


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Jetzt aber zu etwas ganz anderem: Kein Posting auf dieser Seite ohne mindestens ein Maedel mit spektakulären und anbetungswürdigen Muckis — daher hier wieder eine der hervorragenden Zeichnungen vom Atelier EG in Japan, per Computer koloriert von mir.

Y. K., dem Betreiber der japanischen Website, geht es hoffentlich wieder besser. Er hat nämlich vor ein paar Monaten einen schweren Sturz erlitten und war daraufhin längere Zeit krank: Von hier aus alles Gute!


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--- mattmuscle, der sich über möglichst viele sinnvolle Kommentare und Anmeldungen bei "Wer mitliest - die Muskelmaedel-Community" in der rechten Blog-Spalte freuen würde ...