Christine Roth mit normal wirkendem Gesichtausdruck |
Christine Roth von Schoeller ... |
und auf der Bühne... |
Die drei Bilder mit Christine Roth stehen aus einem bestimmten Grund übereinander: Gerade habe ich das von Jana Linke-Sippl bei Youtube eingestellte Video gesehen, das die RTL-Sendung mit Nazan Eckes zum Thema Martin Schoellers Frauenbodybuilding-Fotografie beinhaltet. Darin ist auch ein Interview mit Jana und eins mit Susanne Bock.
So weit, so gut.
Freilich kann ich die in dem TV-Beitrag aus Susanne Bocks Erklärungen abgeleitete These nicht teilen, das Extrem-Frauenbodybuilding sei so gut wie tot und Schoellers Buch eine Art Manifest an eine vergangene Ära. Mag sein,dass es in Deutschland weniger wird, mag auch sein, dass die Verbände die FBB-Wettkämpfe killen (werden/wollen). Aber Deutschland ist nicht der Nabel der Welt, auch wenn wir diese Attitüde haben. Und auch die Verbände entscheiden nicht darüber, wer welchen Sport wie betreibt. Es gibt immer noch Nachwuchs auf dem Gebiet. Ich glaube, das wird so bleiben. Einfach, weil es Maedels gibt, die riesige und starke Muskeln haben wollen.Auch in Zukunft.
Außerdem kann ich die These mit der Vermännlichung nur ansatzweise nachvollziehen: Wieder einmal wurde auf Basis der Bilder Schoellers geurteilt (der sich selber übrigens mit solchen Urteilen klar zurückhält und statt dessen die Hingabe der Maedels betont). Aber Schoellers Bilder zeigen das Antlitz der jeweiligen Dame immer UNMITTELBAR vor einem Wettkampf.
Das heißt, die so konterfeiten Muskelmaedels sind extremst auf Diät. Und dementsprechend "scharfkantig" wirken auch die Gesichter. Die wiederum sind auf Bühnenwirkung hin geschminkt, oft künstlich tiefgebräunt, damit das zum ebenfalls gebräunten Body passt. Beides hat damit zu tun, dass Bühnenlicht sonst zuviel Konturen "wegfrisst". Der Tiefbräuner ist dazu da, die Konturen klar herauszustellen. Ist aber der Körper tiefbraun, das Gesicht hingegen weiß, sieht das völlig unnatürlich aus. Die Szene nennt das "Gespenstergesicht". Also schminkt man das Gesicht auch dunkel.
Was aber auf der Bühne als passender Hautton wirkt, erscheint in normalem Licht völlig überzogen dunkel - selbst die am längsten befahrenen Piraten der Karibik hätten im Vergleich dazu wahrhaft blass und wie lichtscheue Stubenhocker ausgesehen.
Fotografiert man alles das aber nun aus allernächster Nähe, mit dem Einsatz entsprechender Objektive, Brennweiten und Blickwinkel sowie unter Rückgriff auf kunstvolle akzentuierte Schärfen, dann wirken die Gesichter solcher Maedels auf mich logischerweise VERFREMDET. Ich habe einige der abgebildeten Damen life gesehen, auf Messen, bei Wettkämpfen, bei Fotosessions, bei Muscle Worships, zum Teil so nah, wie sich Menschen nun mal kommen können. Von Tausenden Bildern in Magazinen und im Web einmal gaz zu schweigen. Und ich habe sie fast alle erst einmal auf Schoellers Fotos NICHT wiedererkannt.
Ich halte genau diese Verfremdung für Schoellers völlig zu Recht bestehendes und verwendetes Stilmittel. Aber, ich wiederhole mich, das spiegelt nur ansatzweise die Realität wieder.
Die meisten Bodybuilderinnen sehen übers Jahr natürlich nicht so aus, als haben sie gerade eine mehrmonatige Fastenzeit absolviert und sich dabei 24 Stunden am Tag in der Sahara nackend der Sonne hingegeben. Auch schminken und tönen sie sich nicht so, als sei ihr Visagist im Farbenrausch. Nochmal: Fast alle Fotos in dem Buch zeigen ein BÜHNEN-Make up. Auch eine derart angepinselte und mahagonidunkel getönte Nicht-Bodybuilderin würde auffallen, auf der Straße und erst recht so ganz nah fotografiert.
Die meisten Bodybuilderinnen, die ich getroffen habe, waren mehr oder minder in off season, dezent geschminkt und hatten Gesichter, die ihrem Alter (Ende Zwanzig bis Ende Vierzig) entsprochen haben. Sprich: Mit Falten und all den Unregelmäßigkeiten, die nun einmal zur menschlichen Individualität dazugehören.
Aber aus Momentaufnahmen zum Zwecke der KUNST allgemeingültige Rückschlüsse auf's tägliche LEBEN abzuleiten, das halte ich dann doch für arg vermessen. Idealisierung, Stilisierung, Verfremdung - das sind alles Mittel, die der Künstler zum Ausdruck seines Anliegens benötigt. Aber dann spiegeln solche Werke die allgemeine Realität und die übrige Wahrnehmung eben nur in Ansätzen wieder.
Mag sein, dass mancher solche Unterscheidungen für beckmesserisch hält. Aber für mich ist das wesentlich. Kunst ist essentiell für uns Menschen, weil sie neue Blickwinkel eröffnet, unser Gefühl für Ästhetik, Harmonie und Perfektion anspricht, uns konfrontiert, uns den mehr oder minder dauerhaften Beleg der menschlichen Kreativität beschert. Aber sie ist eben auch immer ein HÖCHST INDIVIDUELLER Ausdruck einer Person (oder mehrerer, wenn das Werk von mehreren geschaffen wurde. Wobei man dann von so etwas wie Gruppenindividualität sprechen müsste - auch wenn das Wort in sich widersprüchlich ist: das sollen dann aber die Sprachwissenschaftler und Semantiker klären.)
In breve: Die prächtigen Fotos Schoellers sind vor allem eines - Ausdruck seines künstlerischen Schaffens. Er benutzt dazu prominente Individuen oder eben wie in unserem Fall, Hochleistungssportlerinnen. Aber der Anspruch auf Künstlerisches führt dazu, dass es eben KEIN normaler Blick auf diese Personen ist. Ergo kann man daraus auch nur sehr bedingt Aussagen zur Realität in die Welt setzen.
Lenda Murray - wie Martin Schoeller sie sieht. Ein tolles Kunstwerk, ohne Frage. Aber wird das ihr komplett gerecht? Ich sage: Nein. |
das bei youtube eingestellte video ist nur abgefilmt vom bildschirm (habe keinen recorder)..
AntwortenLöschender link zu rtl:
http://rtl-now.rtl.de/explosiv/explosiv-weekend-2012-03-10-19-05-00.php?container_id=80041&player=1&season=0
ps: halt dich in zukunft von rx-muscle fern
AntwortenLöschenDas verstehe ich nicht. Habe ich was falsch gemacht?
Löschenja...die seite ist virenverseucht
AntwortenLöschenDanke! Das wusst' ich noch nett. Aber ich hab' da auch schon länger nichts zu tun gehabt!
LöschenMartin Schoeller sehe ich nicht als Künstler. Dieses überbeleuchten und herausheben jeder kleinen Falte oder Häärchen gilt allgemein nicht als Kunst sondern als Pornographie. Auch die Tatsache das er immer prominente oder außergewöhnliche Personen braucht spricht nicht gerade für ihn.
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