Wenn man das so sehen und nennen will: Sie leistete Pionierarbeit im Wrestling, bei dem sie nach einer Ausbildung bei Wrestler-Legende "Killer" Kowalski im Verband WWE 1997 debütierte. Zusammen mit Shawn Michaels und ihrem damaligen Lebensgefährten Paul "Triple H" Levesque zählte sie zu der Gruppe "D-Generation X." Dabei war sie nicht nur ein Blickfang im Umfeld von Michaels und Triple H, sondern fungierte als Leibwächter, eine Rolle, die bis dahin ausschließlich Männern vorbehalten war.
Schließlich absolvierte sie den Übergang vom "Leibwächterstatus" zu demjenigen einer Wrestlerin, die erste Frau, die beim sogenannten Royal Rumble mitmischte (Januar 1999). Ja, sie brachte es gar zum ersten bislang weiblichen International Champion der WWE, besiegte Jeff Jarrett im Titelkampf (Oktober 1999). Auf der Höhe der Popularität zierte sie zig Titelblätter von Fernsehzeitschriften, Wochenmagazinen wie "Newsweek" und natürlich von Männerzeitschriften wie dem "Playboy", letztgenanntes gleich zweimal.
Und sie spielte in einigen Filmen mit, sah sich aber nicht als große Aktrice, sondern als jemand, der die Leute unterhalten will. Auch wenn sie in einem Interview einmal zugab, dass sie auf der Leinwand gern eine Art weiblicher Arnold Schwarzenegger wäre. Nun, damals war sie für viele Fans von Muskelmaedels eine echte Traumfrau, von der mancher fiebrig phantasierte. Und auch so etwas wie die Hoffnung, dass muskulöse Frauen eine Karriere im Showbiz machen können.
Ihr Abstieg begann nach ihrer Trennung von ihrem ersten Lebensgefährten. Sie stieg aus der WWE aus, ging nach Japan (wo sie nebenher Englisch unterrichtete), kam zurück, drehte die genannten Sexfilmchen (meines Wissens sechs Stück) --- und kämpfte mit ihrem neuen Lebensgefährten ebenso öffentlich wie mit ihrer Drogensucht, nämlich in der auf süchtige Prominente und deren Versuche zum Drogenentzug ausgerichteten TV-Serie "Celebrity Rehab". Das war 2008. Aber wenige Tage vor ihrem Tod kursierte ein Video (hier der Link), in dem sie einen Smoothie trank, ein paar Platitüden zum Leben absonderte, ungepflegt-müde aussah und zähflüssig-langsam mit bemüht klarer Aussprache redete. Eben wie jemand, der komplett dicht ist, also unter Drogen steht.
Kein Vergleich zu früher, zu der einst so starken Lady mit der superschlanken Taille und den Hammerarmen, wie sie die Gürteltrophäe der Wrestler nach oben reckt. Oder einige Jahre später, zu der sichtlich schlankeren, aber immer noch sportlich-muskulösen Erscheinung mit sonnenbrauner Haut, mit zur Abwechslung einmal blonden Haaren, mit Cowboyhut und mit sparsam-dekorativen Lederfetzen à la Comic-Dschungelheldin, mit denen sie sich noch vor 14 Jahren bei der Preisverleihung "Billboard Music Awards" präsentierte:
Aber das Äußere täuscht, wie so oft. Es gab Berichte und Andeutungen, die auf mehrere erfolglose Selbstmordversuche hindeuteten.Und sie schaffte es nicht, aus dem Drogen-Sumpf wieder herauszukommen, trotz diverser TV-Auftritte, trotz der Verpflichtung in anderen Wrestling-Verbänden, trotz einer Biographie ("If They Only Knew"), die es 2001 zu Bestsellerrang brachte.
Ihr Lebensweg war auch ohne alles das wohl sehr bunt, um es vorsichtig zu sagen: Geboren in Rochester, New York, je nach Quelle 1970 oder 1969, laut "New York Times" ist aber der 27. Dezember 1969 das korrekte Geburtsdatum. Und glaubt man den veröffentlichten Stories zu ihrem Leben, dann war das nicht gerade eine frohe Jugend: Mit mindestens drei Stiefvätern und einer Stiefmutter gesegnet, mit einem leiblichen Vater, der dem Trunk ergeben war und ihr wohl ohne ihr Wissen Schulden aufhalste, hatte sie schließlich den Kontakt zu ihrer Familie verloren.
Als Teenager zeitweilig von Fress- und Kotz-Attacken geplagt, war sie musikalisch, spielte Cello, war sprachbegabt, studierte Deutsch und Französisch, hatte gar einen Uni-Abschluss in Spanischen Literaturwissenschaften. Und sie war sportlich, sie begann mit 16 Jahren, Eisen zu pumpen. Sie war Mitglied des Friedenskorps und arbeitete zeitweise in Guatemala, beruflich wollte sie mit ihrer Sprachbegabung zum FBI. Nach ihrer Rückkehr aus Lateinamerika schlug sie sich als Kellnerin durch, war Sängerin, die Stimme bei einer Telefonsex-Hotline und Bauchtänzerin.
Sie fiel bei Bodybuilding-Wettkämpfen durch ihre Größe auf, immerhin maß sie knapp einsachtzig. Und zur Blütezeit ihrer Karriere bepackt mit mächtigen Muskeln, war sie nicht nur imposant, sondern auch noch außerordentlich stark. Konnte Frauen wie Männer in die Höhe stemmen, schaffte angeblich beim Bankdrücken um die 160 Kilogramm.
Ihr Äußeres erinnerte dank eines kampflustig gereckten, sehr markanten Kinns (das sie wohl später operativ auf dezentere Maße reduzieren ließ), einer zumindest zeitweise schwarzen (sprich: gefärbten) Frisur mit Ponyschnitt an die legendäre Tura Satana aus dem Russ-Meyer-Kultfilm "Faster, Pussycat! Kill! Kill!", auch gemahnte ihr Mix von dunklem Haar und hellen Augen an die TV-Kriegerprinzessin "Xena" alias Lucy Lawless (die ja ebenfalls ihr eigentlich helles Haar für ihre berühmte Rolle hat färben lassen). Auch Chynas dunkle Kluft und ihr gern zur Schau gestellter finsterer, entschlossener Blick aus den großen blauen Augen passten dazu. Wobei Chyna fraglos um ein Vielfaches stärker war als Tura Satana und Lucy Lawless.
Ich träumte immer, wenn ich diese muskulöse, rauflustige Superfrau sah, dachte mir, wie das wohl wäre, wenn sie aus dem Ring käme, ganz in Leder, von dem ganzen Kämpfen und Leute-Hochwuchten und Zu-Boden-Schmettern leicht verschwitzt, die starken Muckis voll aufgepumpt, und ich sähe ihr zu, wenn sie sich aus ihrem Lederdress schälte, höre das Leder sich leise von der schweißfeuchten Haut lösen, sähe die prallen, harten Muskeln schwellen unter der glänzenden Haut und --- ach ja.
Jedoch wandelte sich ihr Äußeres im Laufe der Jahre. Nicht nur, dass sie schlanker und weniger muskulös-wuchtig wurde und immer wieder mal Frisur und Haarfarbe wechselte, sondern auch, dass sie ganz Showbiz-like einges "an sich machen" ließ, wie das schöne, immer noch starke, aber unübersehbar gewandelte Gesicht mit der mitunter Botox-starren Mimik bewies.
Aber ganz speziell und irgendwie arg trashig ist die Andekote um ihre Brustimplantate - ich weiß nicht, ob das stimmt. Jedenfalls lief das dem Vernehmen nach so: Nachdem ihr ein solches Teil mal in einem Wrestling-Match geplatzt(!) war, bekam sie eigens für sie entwickelte Einbauteile. Die sich dann zu einem Hit bei schwergewichtigen Frauen und bei Bodybuilderinnen entwickeln sollten. That's life in show business!
Um nach den privaten, von meinen niederen Instinkten gesteuerten Anmerkungen und dem Blick auf das Skandalös-Sensationelle wieder ernst zu werden, ohne dabei zynisch sein zu wollen: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis angesichts dieses ungewöhnlichen Lebens ein Film aus Hollywood kommt. Zuerst verschlingt der Moloch der Unterhaltungsindustrie die Leute, um sie nach ihrem Tod zu feiern. Und weil wir konsumieren, was diese Industrie uns präsentiert, weil wir das nicht verweigern, sind wir alle bis zu einem gewissen Grade ebenfalls Schuld an den Exzessen.
Mitunter finde ich das natürlich so, wie man das als halbwegs moralisch denkendes Wesen finden soll - nämlich daneben: Chyna war eine Kunstfigur, ein dunkles, sexy Muskelmaedel, wirkte wie aus der Phantasie von Typen wie mir erschaffen. Das sollen die Bilder hier zeigen, so werden wir Fans uns an sie erinnern, auch deshalb, weil es das Bildmaterial und damit diese eine Facette ihres Lebens und ihres Seins vor allem anderen in die Öffentlichkeit geschafft hat.
Aber was ist mit Joan Marie Laurer, dem gebildeten, musischen, vielsprachigen Menschen, also was ist mit der wirklichen Person dahinter? Auf sie passt das, was ich vor einigen Monaten zu Lynn McCrossin geschrieben habe: Joanie Laurer wirkte irgendwie verloren. War jemand, der trotz diverser Talente keinen guten Platz im Leben finden konnte. Und so starb sie in ihrer Wohnung im kalifornischen Redondo Beach, an Angst- und Schlafstörungen leidend, einsam und unbemerkt.
Daher geht mein Gruß als Fan auch nicht an Chyna, sondern an den wirklichen Menschen: Miss Laurer, ich wünsche Ihnen alles Gute bei der großen Reise nach der anderen Seite!
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