Wahrscheinlich sucht noch heute ein kleiner Junge seine rote Lieblingsmurmel. Oder eine junge Schönheit trauert dem Verlust einer Perle aus ihrem Collier nach. Vielleicht war es aber nur ein Kleinteil aus einem Kugellager, einem Handwerker aus seiner Werkzeugkiste gehüpft. Wem oder zu was es gehört haben mag – dieses kleine, runde Ding bildete den Auslöser dafür, was dann in jener unglaublichen Nacht geschah.
Diese Perle, diese Murmel, dieses Kügelchen. Was es auch immer war, es geriet jedenfalls unter meinen Absatz. Es brachte erst diesen und infolgedesssen mich zum Rutschen. Und weil ich gerade dabei war, flotten Schrittes eine Treppe hinunter zu steigen, hatte das fatale Folgen: Ich drehte mich in der Luft in die Horizontale, verlor den Halt und ---
fiel.
Fiel alle Stufen hinab. Rumpelte und polterte die lange Treppe hinunter. Schlug mir fast alle Knochen an. Knallte mit dem Kopf mehrfach gegen die Kanten des harten, polierten Marmors, bis ich unten ankam. Ich hörte ein lautes Knacken in den Sprunggelenken. Das Einsetzen der Schmerzen blieb mir erst mal erspart, weil mir nun schwarz vor Augen wurde.
Was ich dann als nächstes spürte, waren aber nicht meine gebrochenen Knochen, sondern ein feines, scharfes Pieksen im Oberarm. Ich wusste sofort, dass ich gefallen war und mir etwas gebrochen hatte, dennoch wollte ich aufstehen. Da spürte ich zwei warme Hände auf meiner Schulter, die mich mit ganz behutsamem Druck unten hielten.
»Ruhig. Bleiben Sie liegen. Es geht Ihnen gleich besser.«
Eine Frauenstimme, freundlich und irgendwie so – rauchig. Ich öffnete die Augen, das heißt, ich versuchte es. Meine Augenlider flatterten und wogen mit einem Mal mehr als eine Tonne. Doch einen kurzen Moment lang erspähte ich, was sich um mich tat: Direkt über mir waren die Köpfe zweier weiß und rot gekleideter Personen.
Rettungssanitäter. Ein Adam- und Eva-Team. Ein Arzt. Ernster Typ mit Dreitagebart und Brille. Und eine Pflegerin mit schwarzen Locken. Sie lächelte, als sie auf mich heruntersah. Schwarze Augen in tiefbraunem Gesicht. Und eine Zahnlücke zwischen den oberen Schneidezähnen. Und wieder hörte ich ihre rauchige Stimme: »Ruhig, bleiben Sie ruhig. Es wird schon alles gut. Die Spritze wird gleich wirken.«
Spritze? Was für ...?
Meine Augen fielen zu.
Müde, so müde.
Erneute Schwärze.
Dann Weiß. Das Weiß des Verbandmaterials. Das Weiß der Laken im Krankenhaus. Und des Hemdchens, in das sie mich gesteckt hatten.
Es war in der ersten Nacht, in der ich wieder ansatzweise klar denken konnte. In der ersten Nacht, in der ich, wohl des Liegens überdrüssig, nicht durchschlafen konnte. Und daher auch die erste Nacht, in der ich wieder mitbekam, was um mich vorging.
Ich lag in einem der üblichen Krankenhauszimmer. Dank des eingeschalteten Lichts sah ich: Zwei Betten, aber nur eines belegt, nämlich mit mir. (Es muss ja einen Vorteil haben, wenn man privatversichert ist.) Wobei übrigens »belegt« nicht ganz das richtige Wort ist: Ich saß halb aufgerichtet, so dass ich die Übersicht hatte. Man hatte mich nach dem Abendessen sozusagen hochgeklappt. Sie sagten, das sei besser für meinen Kreislauf und meinen Rücken. Aber ich war immer noch fertig, lag mehr da, als ich saß, wurde nicht richtig wach und döste.
Aufstehen konnte ich nämlich nicht, da meine zwei Haxen eingegipst und ans Bett fixiert waren. Meine Arme waren fast unbeweglich, die Schultern angeknackst, ein Ellbogen lädiert, all das entsprechen bandagiert und in einem Arm die Kanüle für die Infusionen drin. Und oben um den Kopf trug ich genug Stoff, um jeden Turbanträger neidisch zumachen. Ich saß oder lag da, so beweglich wie ein Krebs auf dem Rücken, nicht müde, nicht wach.
Ich sah zwischen den Phasen des Dösens, dass die Wände um mich und mein Bett herum hell gestrichen waren, pastellfarben. Links von mir der Kleiderschrank, natürlich nicht abschließbar. Ich konnte nur hoffen, dass in der Zwischenzeit niemand meine Brieftasche und mein funkelnagelneues Handy stibitzt hatte. Direkt vor mir hing an der Decke eine Art schwarzer Drehkran und an ihm ein Uralt-Fernseher. Schräg darunter stand ein grauer Resopaltisch mit eingeschalteter Leselampe, drumherum einige bunte Stühle aus Kunststoff. Und auf einem etwas Unförmiges, Weißes. Auf einem zweiten --- sie.
In weißem Leinen. Logisch: eine Nachtschwester. Es musste wohl recht heftig sein, wenn so jemand bei mir im Zimmer saß.
Bei den ersten zwei, drei Wachphasen zwischen all dem Dahindämmern nahm ich aber nur wahr, dass sie völlig entspannt dasaß. Unter ihrem aufgesteckten, weißen Häubchen mit dem Roten Kreuz drängten sich schwarze, lockige Haare hervor. Ich war nicht lang wach, zum Reden fehlte mir jede Lust. So schaute ich nur mal zu ihr hin. Das bekam sie wohl gar nicht mit. Trotz meiner Blicke reagierte sie nicht. Saß auch weiterhin ganz ruhig da, in einer Zeitschrift blätternd und die tief gebräunten Beine lässig übereinander geschlagen. Irgendetwas kam mir daran falsch vor, aber dann döste ich wieder weg.
Bei meiner nächsten Wachphase sah ich ihr Gesicht direkt über mir. Energische, aber sehr regelmäßige Züge, schwarze Haare, schwarze Augen und ein üppiger, sehr roter Mund. Und ich hörte eine sehr rauchige Stimme: »Na, sind Sie wieder wach? Wie geht’s Ihnen denn?«
Ich weiß nicht mehr, was ich sagte, wahrscheinlich etwas wie »Geht so.«
Sie lachte und sagte: »Ich bin die ganze Nacht hier. Sie können sich ja nicht helfen. Falls was sein sollte. Außerdem muss ich Ihnen ab und zu eine andere Flasche anhängen.«
Also ...
Diese Stimme!
Diese Zahnlücke!
Beides kannte ich doch!
Da kehrte ein winziges Teilchen meine Lebensgeister wieder. Und mit allergrößter Mühe gelang es mir, die Frage zu formulieren und sie dann auch zu stellen: »Waren Sie dabei?«
Sie: »Dabei? Wo dabei? Oh, ja, richtig. Wir haben Sie hierher gefahren.«
Dann dämmerte ich wieder weg.
In der – ich vermute – vierten oder fünften Wachphase nahm ich als erstes wahr, dass es jetzt recht dunkel im Zimmer war. Nur das Lämpchen auf dem Tisch brannte, der Lampenschirm war nach oben gedreht. So leuchtete das Licht waagerecht in den Raum. Auf Sie. Sie stand da und schien sich zu dehnen und strecken. Dabei fiel mir wieder auf, dass mich etwas an ihr befremdete. Nachdem ich unter halb offenen Lidern länger zu ihr hingeblickt hatte, dämmerte es mir. Natürlich. Ihre Kleidung.
Die war zwar antiseptisch weiß, soweit okay. Aber das, was sie da trug, war ganz bestimmt nicht die ordnungsgemäße Tracht für eine Nachtpflegerin. An den Füßen ein paar schneeweiße Korksandalen und oben herum ein gebügelter und gestärkter Kittel – soweit okay. Aber diese Sandalen zeigten sich im Bereich ihrer Fersen als fast schon unanständig hoch. Und beim Schneidern ihres Kittels war man mit dem Stoff sehr, sehr sparsam umgegangen. Der war nämlich allenfalls hüftlang, am Rücken tief ausgeschnitten und hatte so gut wie keine Ärmel. So konnte ich die Farbe ihrer Schenkel erkennen, ihrer Schenkel, die doch eigentlich in ... wieder dämmerte ich weg.
Der nächste Übergang von Schlaf- zu Wachphase begann mit dem Stapeln von Porzellan. In einer Küche. Das Küchenmädchen räumte die sauberen Teller weg, wobei es jedes Mal leicht klirrte. Es war unglaublich viel Geschirr, denn das Klirren dauerte, dauerte, dauerte und dauerte. Es gab nur kleine Pausen. Aber dann rollten immer wieder neue Geschirrwägen voller Porzellan an, und das Küchenmädchen begann erneut mit dem Wegstapeln. Wobei interessanterweise die Schränke immer so leer blieben wie zu Beginn. Was, wieso ...?
Da öffnete ich die Augen. Es dauerte einen Moment, dann erkannte ich, dass ich immer noch im Krankenhaus war, nicht in einer Küche. Ach so, ein Traum, klar. Aber halt --- es klirrte doch immer noch ganz leicht. Woher? Ich drehte meinen Kopf und sah sie.
Sie stand noch da, in der Mitte des Raumes, neben dem immer noch unbelegten Bett. Augenscheinlich hatte sie nicht bemerkt, dass ich wieder wach geworden war. So machte sie weiter mit dem, was sie wohl schon die ganze Zeit getan hatte. Mit dem, was das Klirren verursacht hatte. Nur hatte mein Gehirn die falsche Assoziation erzeugt. Denn mit Porzellan hatte das Geräusch nichts zu tun. Statt dessen aber mit Stahl. Und der befand sich in Form von Metallscheiben an zwei Dingern, die ich als Nichtsportler erst nach längerem Hinschauen als Hanteln erkannte. Kurzhanteln, solche wie aus dem Fitnessstudio.
Im Licht der dämmerigen Tischlampe blitzten sie immer gelblich auf, wenn ihre Hände diese Folterdinger hoben und senkten. Die Reflektionen ließ vermuten, dass diese Geräte aus verchromtem Metall bestanden. Sowohl die Griffstäbe wie auch die von zwei Halterungen fixierten Stahlscheiben, die links und rechts auf diesen Stäben stecken. Viele Stahlscheiben, wie mir schien. Und große. Bestimmt so breit im Durchmesser wie meine Handspanne.
Sie bewegte diese ungefügen, schweren Hanteln im Wechsel auf und ab. Das schien sie mit zunehmender Zahl von Wiederholungen durchaus anzustrengen. Denn im Licht der Lampe glitzerte leichter Schweiß auf ihrer sonnenbraunen Stirn. Und an ihren Armen. Auf denen traten außerdem unter der Belastung die Adern hervor. Und es schwollen die Muskeln.
Bei jedem Anheben eines der angsteinflößenden Gewichte wölbte sich am betroffenen Oberarm ein Muskel in dramatischer Weise zu einer halbrunden Kuppel. Dies in einem Umfang, wie ich es noch die gesehen hatte, schon gar nicht bei einer Frau. Meine eigenen Muskeln waren nicht der Rede wert. Legte ich die Hand um den gespannten Oberarm, kam ich unten mit dem Daumen und oben mit den Fingern über die Hälfte herum. Bei diesen Armen aber hatte ich den Eindruck, als würden meine Fingerspitzen gar nicht erst bis ganz nach oben und unten reichen.
Ich schluckte.
Was musste sie stark sein!
Eine Frau und solche Kraft!
Und diese Muskeln!
In dem Moment fiel mir es mir wie Schuppen von den Augen. Ich erkannte, was ich da zuvor wegen meines dösigen Zustandes nicht hatte klar als Gedanken fassen können. Und was mich erschreckt hatte. Es ging um die Einstufung dessen, was ich da gesehen hatte und jetzt noch sah. Mich hatte nämlich ihr Body mit diesen voluminösen Keulenarmen weniger befremdet als vielmehr der Umstand, dass ihre Äußeres nicht dem entsprach, was fraglos an ihrem Arbeitsplatz als regulär galt. Ihre Kleidung bestand ja nur aus den Sandalen und dem knappen, fast ärmellosen Kittel. Ach ja, und dem auf der schwarzen Haarpracht festgesteckten Häubchen.
Ihre Beine hingegen waren genauso nackt und bloß wie ihre Arme: Sie hatte zugunsten dieses Minikittelchens der Bequemlichkeit halber einfach ihre normale Schwesterntracht abgelegt; das war das unförmige weiße Zeug auf dem anderen Stuhl.
Das aber gab dem Auge einen nahezu ungehinderten Blick auf ihren Körperbau frei. Das weiße, vorn geknöpfte Ding erlaubte die Feststellung, dass ihre Taille sehr schmal und ihre Schultern sehr breit waren. So breit, dass sie den Kittel oben herum gar nicht schließen konnte. Das wiederum gab tiefe Einblick frei in ihr Dekolletee und seine sonnenbraunen, prallen Rundungen. Unten rum hatte sie den Kittel übrigens auch nicht zugeknöpft. Sonst hätte sie nämlich keine großen Schritte machen können. Der Stoffsaum reichte allenfalls bis zum Ansatz ihrer Oberschenkel.
Ich muss wohl nicht groß betonen, dass die Beine der Krankenschwester zum Rest ihrer Figur passten. Sie waren nämlich ebenso sonnenbraun. Und ebenso bepackt. Bei jedem Atemzug und bei jedem durch das Auf- und ab der Hanteln verursachten, leichten Wippen des Oberkörpers spannten sich die fast schon halbkreisartig nach außen gewölbten Muskeln der Oberschenkel. Und das so, dass man unter der Haut die einzelnen Stränge erkennen konnte.
Doch ehe ich meine Augen zu ihren Waden schweifen und sie auf diesen eckig-ausladenden Muskeln verweilen lassen konnte, ging sie geschmeidig und mit – ich erkannte es entsetzt: zu meinem großen Bedauern – artig geschlossenen Beinen in die Hocke. Da setzte sie mit einem »Puh!« die Hanteln auf dem gebohnerten Boden ab. Das machte sie ganz langsam und ganz leise, um mich nicht zu wecken. Sie wähnte mich also noch schlafend.
Nur so ist zu erklären, was sie nun tat. Sich völlig unbeobachtet glaubend, richtete sie sich wieder auf, dann drehte sie sich herum. Und gewährte mir dabei den Blick auf ihren straff von dünnem weißen Leinen umhüllten Popo. Den wohl knackigsten und dabei rundesten Po, den ich je in meinem Leben in Natura gesehen hatte. Ihr Blick wiederum ging nun nach vorn zu dem Spiegel, der da an der pastellfarbenen Wand hing. Und dann hob sie ihren Arm. Nun spannte sie den Muskel an, so dass sich da machtvoll das Zeugnis ihrer Kraft erhob. Dann tat sie dasselbe mit dem anderen. Und brachte Spannung auf beide Oberarme.
Mächtig viel Spannung, wie mir schien. Denn es gab ein leises ratschendes Geräusch, als würden die Nähte reißen. Ich hatte ja die kurzen Ärmel ihres Kittelchens erwähnte. Und deren Saumumfang konnte mit dem ihrer gespannten Arme wohl nicht mithalten. Ebenso wenig waren Garn und Stoff auf Dauer der Belastung gewachsen, die sich durch ihre Rückenmuskeln ergab. Durch das Anheben der Arme schienen die nämlich nach links und rechts explosionsartig hervorzuschnellen. Ein Kreuz, das bestimmt doppelt so breit war wie ihre Hüftpartie. Ich staunte und schluckte und reagierte und ärgerte mich über die Reaktion.
Nun, das mit dem Stoff schien ihr aber ebenfalls leichte Sorgen zu bereiten. Denn die rauchige Stimme sagte leise: »Pass auf Maedel, pass auf. Nicht, dass du schon wieder einen Kittel zerfetzt. Aber, hach, gut sehen sie aus, meine zwei Lieblinge!«
Sprach’s und erhöhte langsam noch etwas mehr die Kraft, mit der sie ihren Muskel sich weiter erheben und wölben ließ. Wobei »wölben« fast schon das falsche Wort ist: Dabei denkt man immer an runde Formen. Aber was hier auf ihrem Arm nach oben ragte, war kantig, eckig und fraglos mindestens so hart wie die Scheiben ihrer Hanteln.
Schließlich senkte sie ihre Arme, schüttelte sie leicht aus. Und mit einem »Es ist Zeit. Mal sehen, was der arme Teufel macht« zu mir um. Ich schaffte es noch gerade so, die Augenlider zu senken. Aber nur soweit, dass ich zwischen den Wimpern hindurch spähen konnte.
Sie kam näher.
Noch näher.
Ganz nah.
So nah, dass ich in ihren Ausschnitt hineinblicken konnte. Ich sah die kleinen, aber prallen und vom Stoff nach oben gedrückten, nussbaumfarbenen Brüste. Die Nippel, die sich stolz und ungeniert gegen das Leinen stemmten. Den Schweiß, der zwischen den Brüsten über ihre Haut lief. Kein Wunder nach der Kraftanstrengung, die hätte jeden anderen auch mächtig erhitzt. Denn dass sie erhitzt war, das spürte ich. Eine Woge an Wärme ging von ihr aus. Und in der Woge war etwas, das meine Nase erreichte, auch wenn ich es nicht als Geruch wahrnahm. Aber meine Nase leitete es weiter ans Gehirn. Das übersetzte es in Information und Bewertung. Und beides lautete: »Unwiderstehlich!«
Die Erkenntnis kam wie ein Lichtblitz. Dunkel gebräunte Haut, braune Augen und schwarze Haare: Diese Frau hatte nicht nur einen vor Kraft strotzenden, imposanten Körperbau. Sie besaß zudem ein regelrecht männermordendes, südländisches Flair, verstärkt durch ihr markantes Gesicht und bestimmt nicht abgeschwächt durch diese Zahnlücke.
Ich weiß nicht, wie ich im normalen Leben auf sie reagiert hätte. Ich bin als dünner, knapp mittelgroßer Mann nicht der Attraktivste. Daher beachten mich extrem erotische Frauen meist gar nicht. Kommt mir so eine Wucht nahe, werde ich meistens unruhig und nervös. Nun, nicht in dieser Lage. Denn da fiel es nicht schwer, ruhig zu bleiben. Ich war ja buchstäblich ans Bett gefesselt, noch dazu voller Medikamente und daher nicht völlig bei Bewusstsein. Daran änderte auch das nur recht wenig, was mich die letzten Minuten so in Staunen versetzt hatte. Also ließ ich einfach meiner Lider wieder sinken und stellte mich schlafend.
Sie wiederum drehte sich kurz weg. Dann sah ich, dass sie das Klemmbrett mit den Krankenpapieren geholt hatte. Sie legte es vorsichtig auf meine Bettdecke. Als nächstes spürte ich ihre Finger am linken Handgelenkpuls. Mit Mühe verkniff ich mir ein Zucken.
»Hm, hm. Dafür, dass er schläft, ist er ganz schön munter unterwegs. Mal unbedingt aufschreiben. Und weiter kontrollieren.«
Das Brett hob sich; ich hörte das Kratzen eines Schreibstifts. Dann spürte ich ihre Hand auf der Stirn. Warm, trocken, stark.
»Erhitzt. Das Kerlchen schwitzt ja. Nun, das tue ich auch. Kann aber nur gut sein. Bei ihm und bei mir. Aber das schreibe ich auch mal auf.«
Wieder wegbeugen. Und wieder über mich neigen. Eine neue Wolke von moschusartiger Wärme. Der Blick auf die straff gespannte Knopfleiste und ihre sonnenbraune Haut. Ein Tropfen Schweiß, der nach unten fiel. Pures Erotikkonzentrat, direkt auf meine Lippen. Dann ihre Hand, die mir mit einem feuchten Lappen sacht übers Gesicht fuhr.
»So, mein Lieber«, sagte die rauchige Stimme leise und freundlich, » ich nutzte die Zeit und pumpe noch etwas meine Muckis auf. Die brauchen das. Du aber schlaf schön. Das nämlich brauchst du. Erhole dich. Und träume was Schönes.«
Sie drehte sich weg, um sich wieder zu ihren Hanteln zu beugen. Doch da stutzte sie. Dann hörte ich ihr Lachen: »Oh, er träumt tatsächlich was Schönes! Na so was! Auferstehung des Fleisches um Mitternacht!«
Und als nächstes spürte ich, wie ihre Hand zupackte. Dort, wo sich die Bettdecke erhoben hatte, als Folge dessen, was ich gesehen hatte. Augenscheinlich hatte das Zeug in meinen Adern und Venen diese elementare Körperfunktion nicht beeinflusst. Auch war ich zum einen so von ihr abgelenkt, zum anderen noch so dösig, dass ich das gar nicht so recht mitbekommen hatte. Genauer gesagt: Ich hatte das natürlich gespürt, aber nicht daran gedacht, dass ich ja so gut wie nackt unter der dünnen Decke lag. Und so war da nichts, was meine Männlichkeit bei ihrem Aufwärtsdrang gebremst hätte.
Sie befühlte mich mit echtem Forscherdrang. Fest und doch sanft.
»Doch, ja. Ordentlich. Ui. Sehr ordentlich. Herrlich warm, hart und dick. Genau passend für mein feines Döschen. Hach, Kleiner, wenn du wach wärest und gesund. Solche zierlichen Kerlchen mag ich ja. Und so ein Mordsding! Du glaubst ja gar nicht, wie das ist, wenn so eine Muskelbraut wie ich dich mal unter und zwischen sich hat und dich mal so richtig ...«
Dieses Mal konnte ich mir ein Zucken aber nicht vermeiden. Es ging beim besten Willen nicht anders. Aber all die Bandagen verhinderten, dass sie das richtig deutete. Statt dessen hielt sie das für eine Reaktion im Schlaf. Völlig unerschrocken ließ sie auch nicht los, sondern drückte noch mal beherzt zu. Und mit der anderen Hand berührte sie meine Wange.
Während ihre Fingernagelspitzen ganz, ganz sanft über meine Haut kratzten, spürte ich plötzlich wieder ihre Wärme direkt bei mir. Und hörte ihre Stimme ganz nahe bei meinem Ohr: »Schlaf, mein kleiner großer Mann. Schlaf und werde gesund. Denn wir zwei, wir haben ja noch oft miteinander zu tun. Hier und dann bei deiner Reha. Und dann wollen wir mal sehen, was wir zwei Hübschen noch miteinander anfangen können. Ohhhhh ja!«
Ein letztes Tätscheln, dann ließ sie los. Trat zu ihren Hanteln und streckte mir beim Bücken erneut ihren strammen Popo entgegen. Nun vernahm ich wieder ihr leichtes Stöhnen und das Klirren der verchromten Stahlscheiben. Ich sah ihr beim Stemmen der schweren Geräte zu, voller Neid, aber mit mindestens ebensoviel Bewunderung. Dabei wirbelte es in meinem Kopf, nicht nur wegen der Medikamente.
Und während ich an diesem und an den folgenden Tagen meiner langsamen Genesung entgegendöste, fragte ich mich wiederholt, wieso ich gerade das so schön fände, also eine Frau mit solchen Muskeln. Schließlich war ich von mir selber genervt. Und antwortete mir darauf: Das ist eben so. Sei lieber froh, dass du lebst und dass du noch so was fühlst und überhaupt noch so ein dickes Ding bekommen kannst. Wenn’s dir gefällt, ist das okay. Vergiss doch einfach, was die anderen sagen. Oder sagen könnten. Falls überhaupt.
Außerdem, dachte ich, ist sie nicht nur fürsorglich, sondern einfach superscharf. Ich bin mal gespannt, wie das wird. Einerseits voller Angst. Andererseits kann ich’s kaum abwarten, dass ich mal meine Arme bewegen kann. Um mal mit meinen Händen diese riesigen Bizeps-Muskeln zu berühren! Und diesen Hintern!
Blieben nur noch zwei Fragen, um die mein Denken in der nächsten Zeit kreiste. Nämlich:
»Wenn sie wüsste!«
oder doch:
»Weiß sie es?«
Ob ich eine Antwort bekam?
Wer weiß es?