Mittwoch, 25. April 2012

"Downsizing" - oder nieder mit
dem Women's Bodybuilding

Kris Murrell - mit so einem Body
fällt man in der neuen Physique-
Klasse durch ...
Alle paar Wochen ist es zu hören, das Geraune dazu, ob denn das Frauen-Bodybuilding überleben werde. Das Neueste zu dem Thema sind die diversen Urteile bei der ein oder anderen Meisterschaft, bei der dann nicht die symmetrisch-muskulösesten Ladies vorn landen, sondern diejenigen des Typs "the most shredded" und mit sichtlich weniger Muskeln als bislang. Die Fans im Saal nehmen es mit Erstaunen, ja sogar Zorn und Wut. Die Richter zucken die Achseln und reden etwas davon, dass eine Klasse mit "weiblicheren" Athletinnen besser der Allgemeinheit zu vermitteln sei, das würden ja auch die Zahlen der Besucher belegen.

Hm. Wieder einmal frage ich mich, was in dem Zusammenhang unter "weiblich" zu verstehen ist. Augenscheinlich reicht dazu das intakte Vorhandensein primärer und sekundärer weiblicher Geschlechtsorgane ebenso wenig aus wie das dazugehörige Selbstempfinden der jeweiligen Dame. Also wird irgendetwas festgesetzt. Als Ergebnis kommt etwas zustande, das man schlichtweg als Tits'n'Ass mit ein paar leicht ausgeprägten Muckis bezeichnen kann. Nicht, dass ich etwas dagegen hätte, ich bin ja auch nur ein Mann und als solcher jemand, der gern seinen Blick über solche Maedels schweifen lässt.

Aber: Der aktuell geforderte Trend heißt "Downsizing". Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen - das bedeutet ja nichts anderes, als Grenzen beim Muskelaufbau zu fordern. Wer's nicht glaube, lese sich mal Statements durch wie dieses hier von NPC-Wettkampfrichter Lee Thompson. Die Tendenz ist doch klar: Man will die "zu muskulösen" Athletinnen ausschließen können, darauf läuft's raus.

Hä? Wie bekloppt ist das denn? Es diskreditiert das Frauenbodybuilding als solches, weil es nicht die sportlichen Grenzen auslotet. Das ist ungefähr so, als würde man beim Schießen sagen, dass der Schuss ins Schwarze als solches reicht, es aber überflüssig ist, jedesmal genau die Mitte der Zielscheibe zu treffen. Oder dass es überflüssig sei, mit Blick auf einen neuen Weltrekord zu laufen, zu schwimmen, zu springen.

Apropos: Man könnte ja beim Stabhochsprung eine Grenze von, sagen wir, fünf Metern einziehen - dann wäre der gerade errungene Weltrekord schon überflüssig. Schlimm genug, dass sich bereits einige BB-Athletinnen mit Blick auf ihre sportliche Zukunft gezwungen sahen, diesem Verdikt Folge zu leisten.

Kris Murrell, wie sie mal ausgesehen hat.
Downsizing. Was für ein Unfug! Denn die Frage stellt sich ja auch, ob man diese Einschränkungen beim Männerbodybuilding auch vornimmt. Antwort: Nein, hier geht der Trend immer noch zu Masse (und das nicht unbedingt im Verhältnis zur Größe des Körpers). Von Boyer Coe über Frank Zane bis hin zu Arnold Terminalgovernator - sie alle hätten in ihrer guten Form keine Chance gehabt gegen das, was heute angesagt ist. Und das ist auch etwas, dass sich mancher mal anschaut - aber nicht mit Blick auf die sportliche Würdigung und fürs Ästhetische, sondern, um so etwas Unglaubliches mal gesehen zu haben. Dann aber ist das nichts als eine Freakshow. Jedoch nichts, was allgemein akzeptiert wäre - der Lüge sollte man sich nicht hingeben. (Was wiederum auch den Betroffenen nicht gerecht wird, weil es deren Leistung ignoriert).

Nun kann man von meiner Meinung halten was man will. Mein Punkt ist aber der, dass da aus sportlicher Sicht mit ungleichen Maßstäben gemessen und ein überkommenes Geschlechterbild zu zementieren versucht wird. Es hat ja niemand etwas gegen weitere Klassen - aber deswegen muss man doch nicht die Klasse der richtig muskulösen Maedels absägen.

Und da sind wir bei dem eigentlich Wichtigen: Was ist eigentlich mit den Interessen der Betroffenen, die starke, massige Muskeln haben und dem Publikum vorführen wollen? Die stolz sind auf Bizeps von über 40 Zentimeter und Oberschenkel von 65 Zentimeter? Denn es wird immer Maedels geben, die Muskeln haben wollen, Muskeln dick und prall und stark. Madels, welche sportliche Grenzen ebenso überschreiten wollen wie das Maximale aus ihre Körper herauszuholen.    

Das Diskreditieren ist ja alles nichts Neues. Schon vor einem Vierteljahrhundert bekamen Athletinnen wie Kay Baxter und Bev Francis ihr Fett weg - das sah man als direkten Angriff aufs allgemeine Geschlechterverständnis. Daran hat sich immer noch nichts geändert. Was aber anders sein sollte, ist die Menge der Frauen, die seitdem ihre Karriere angetreten haben. Erfolgreiche Sportlerinnen wie zum Beispiel  Iris Kyle, Lenda Murray oder Betty Pariso. Gerade Batty Pariso - wer so viel Courage hatte, beim Posing dauernd frechweg die Zunge rauszustrecken, wer nun mit der "Europa" einen eigenen Wettbewerb ausrichtet und - vor allem - wer lange Jahre zu den ästhetisch-muskulösesten Frauen dieser Erde gehört hat - der sollte doch wissen, wie die richtigen Muskelmaedels ticken und sich dafür stark machen, oder?

Betty Pariso - vor einigen Jahren in
anbetungswürdiger Form. Sie war da bereits
über 50 Jahre alt ... 
Doch bislang frage ich mich: Wo ist der Einsatz von den "Aushängeschildern" des FBB, um so das Überleben des Frauenbodybuilding in der IFBB (denn davon rede ich) langfristig zu sichern? Wo ist ein Wettbewerb, der Masse und Symmetrie und ästhetisches/erotisches/originelles Posing fordert und nicht nur Pflichtposen mit stets weiter verkürzter Kür? Selbst wenn bei solch einem Wettbewerb anfangs noch keine großen Gelder fließen sollten, so wäre es doch ein Anfang.Und etwas, der dem Selbstbewusstsein der Betroffenen stärkend auf die Sprünge helfen würde. Wo ist der Einsatz solch prominenter Ladies, um vielleicht auch mal die ein oder andere Story in einem der BB-Magazine unterzubringen? Wo die Unterstützung für Leute wie Bill Dobbins, der schon fast als einziger ab und zu ein nicht diskreditierend, sondern bewundernd geschriebenes und gestaltetes Buch über Muskelmaedels vorliegt (und dabei alles andere als reich geworden ist)?

Und wenn alle Stricke reißen: Wo ist diejenige, die sich traut, dann zu einem anderen Verband zu gehen? Und wo ist der Verband, der dann in die Lücke geht?

2 Kommentare:

  1. Anonym25/4/12

    Kann dir nur beipflichten Matt. Wie bei jedem Sport geht es auch im FBB um Höchstleistungen. Dass man dies nun künstlich beschränken will, ist wirklich absurd. Bei all den Frauen Klassen muss es doch möglich sein, dass auch die Heavyweights Mädels ihren angestammt Platz haben.

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  2. Anonym24/5/12

    Bodybuilding als Wettkampf ist eben eigentlich kein Sport, es geht nicht darum, den größten Bizepsumfang oder den geringsten Körperfettanteil zu haben, so wie es etwa beim Weitsprung darum geht, am weitesten zu springen. Nein, bei den Wettkämpfen geht es doch eher um die Annäherung an ein (zu diskutierendes) Schönheitsideal. Insofern handelt es sich hier eher um eine Miss-Wahl, eine "Miss Bodybuilding" wird gekührt, nur dass sich die Gewinnerin extrem vom Schönheitsempfinden des Mainstream absetzt.

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--- mattmuscle, der sich über möglichst viele sinnvolle Kommentare und Anmeldungen bei "Wer mitliest - die Muskelmaedel-Community" in der rechten Blog-Spalte freuen würde ...